Immobilienmarkt im Wandel Zinsentwicklungen und ihre Auswirkungen

In den letzten zehn Jahren sind die Zinsen auf ein historisch niedriges Niveau gesunken, was den Kauf von Immobilien für viele Menschen attraktiv gemacht hat. Niedrige Finanzierungskosten ermöglichten es, Renditen zu generieren und Vermögenswerte zu erhalten. Dies führte zu einer stark wachsenden Nachfrage, steigenden Preisen und der Annahme, dass Immobilieninvestitionen noch lange einen festen Platz in der Vermögensanlage einnehmen werden. Mit der aktuellen Zinswende stellt sich die Situation jedoch anders dar.

Ein Blick auf die Zinsentwicklung der jüngeren Vergangenheit

Über ein Jahrzehnt lang bewegten sich die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau, teilweise sogar mit Negativzinsen auf Sichteinlagen. Viele Menschen sahen ihre Ersparnisse gefährdet und suchten nach Alternativen. Gleichzeitig verringerten sich die Kosten für Immobilienfinanzierungen, was das Interesse an Hauskäufen steigerte. Drei Nutzungskonzepte standen dabei im Vordergrund: - Selbstnutzung - Spekulation auf steigende Preise - Renditeerzielung durch Vermietung Die Aussicht auf lukrative Investitionsmöglichkeiten führte zu einer weiter wachsenden Nachfrage nach Immobilien. Beschränkt verfügbare Bauaktivitäten verstärkten den Preisanstieg, was wiederum die Nachfrage ankurbelte, da Investoren, insbesondere in Metropolregionen wie Frankfurt, München oder Berlin, weiter steigende Preise antizipierten. Es ist jedoch zu beachten, dass die Entwicklung trotz des beständigen Realwerts von Immobilien im Vergleich zu anderen Anlageformen ein Risiko für eine mögliche Marktüberhitzung und Blasenbildung birgt. Sinkende Preise, wie sie angesichts der aktuellen Zinsentwicklung denkbar sind, stehen dabei im Fokus.

Inflation macht Zinserhöhungen notwendig

Global steigen die Inflationsraten, insbesondere in den USA, wo sie im April 2023 auf 8,3 Prozent kletterten. Zum Vergleich: 2020 lag die durchschnittliche Inflationsrate noch bei 1,25 Prozent. Ähnlich hoch waren die Werte in Deutschland mit 7,4 Prozent im April 2022 nach 2,3 Prozent im Juni 2021. Wesentliche Gründe hierfür sind unter anderem die steigende CO2-Bepreisung, Rohstoffknappheit und internationale Handelskonflikte.

Knappe Rohstoffe

Die COVID-19-Pandemie steht in engem Zusammenhang mit der anhaltenden Rohstoffknappheit. Insbesondere zu Beginn der Pandemie kam es zu einem starken Rückgang der Produktionskapazitäten und Fördermengen. Infolgedessen drosselten auch die Rohstofflieferanten ihre Förderung. Nach dem Auslaufen vieler Pandemie-Maßnahmen konnte die Produktion nicht sofort wieder auf das Vorkrisenniveau gesteigert werden, während die Nachfrage deutlich anstieg. Ein weiterer Grund für die Inflation sind die steigenden Energiepreise, die auf die stark erhöhten Preise für Kohle und Gas zurückzuführen sind. Ein Hauptgrund hierfür ist der geringe Füllstand der europäischen Gasspeicher im vergangenen Jahr. Dies lag unter anderem daran, dass der russische Gazprom-Konzern weniger Gas über Pipelines durch die Ukraine nach Europa lieferte – einigen Expert*innen zufolge, um ein Druckmittel für die Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline "Nord Stream 2" in der Hand zu haben. Das knappe Gasangebot traf nach der Corona-Krise auf eine stark gestiegene Nachfrage. Die Folge: steigende Preise. Aktuell wirkt sich vor allem der Krieg in der Ukraine auf die Preise aus. Russland ist nach den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien der drittgrößte Rohölproduzent der Welt. Aufgrund von Sorgen um die zukünftige Versorgungssicherheit sind die Preise zuletzt deutlich gestiegen.

CO2-Bepreisung

Industrieunternehmen und Kraftwerksbetreiber in der EU benötigen CO2-Emissionszertifikate. Die Preise dafür sind in den letzten Monaten stark gestiegen. Lagen sie viele Jahre bei etwa zehn Euro pro Tonne, kletterten sie 2021 auf über 60 Euro pro Tonne. Die Energieerzeugung hat sich dadurch deutlich verteuert. Besonders betroffen ist der Kohlesektor mit seinem hohen CO2-Ausstoß. Diese Entwicklung führte auch zu höheren Preisen für die Verbraucher.

Internationale Handelskonflikte

Globale Lieferketten sind seit Monaten durch fehlende Übersee-Container, geringe Frachtkapazitäten und pandemiebedingte Einschränkungen an wichtigen chinesischen Umschlaghäfen beeinträchtigt. Hinzu kommen globale handelspolitische Konflikte, die zu einem Stau von Containern in den USA führen.

Weitere Ursachen

Zusätzlich zu den genannten Problemen tragen weitere Faktoren zur aktuellen Rohstoffknappheit und Inflation bei. Hervorzuheben sind der steigende Bedarf an Kobalt und Lithium für die Elektromobilität, die Nachfrage nach hochreinem Silizium und Gallium aufgrund des Halbleiterbooms sowie Produktionsausfälle bei Platingruppenelementen in Südafrika. Die damit verbundene Inflation hat gravierende Auswirkungen auf viele Wirtschaftsprozesse. Die Bürger*innen sparten aufgrund der Entwertung von Vermögenswerten immer weniger und investierten zunehmend in Sachwerte. Dies wiederum schränkte die Möglichkeiten der Banken ein, Kredite an Unternehmen zu vergeben, die Investitionen finanzieren müssen. Die Folge waren Produktionsbeschränkungen und steigende Arbeitslosigkeit. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben sowohl die US-amerikanische Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank EZB unerwartet deutliche Zinserhöhungen beschlossen.

Die Folgen höherer Zinsen

Steigende Zinsen haben vielfältige Auswirkungen auf Immobilienkäufer* und -eigentümer*. Folgende Faktoren sind dabei besonders hervorzuheben:

Immobilienkäufer*innen

Steigende Zinsen verteuern Kredite, was die monatliche Belastung für Immobilienfinanzierer erhöht. Dies hat zwei wesentliche Auswirkungen: Einerseits könnten sich weniger Menschen eine Immobilienfinanzierung leisten, was die Nachfrage senkt. Obwohl dies aufgrund des aktuellen Nachfrageüberhangs noch kein Problem darstellt, könnte es sich ändern, wenn die Zinsbindungsfrist vieler Finanzierungen nach zehn bis fünfzehn Jahren ausläuft und Anschlussfinanzierungen benötigt werden. Unter Umständen müssten diese dann zu deutlich schlechteren Konditionen abgeschlossen werden, die nicht jede Kaufpartei tragen kann. Andererseits könnte ein erhöhter Verkaufsdruck entstehen, wenn Anschlussfinanzierungen nicht mehr tragbar sind und mehr Immobilien auf den Markt kommen. Zwar könnte dies die Nachfragesituation zunächst entspannen, jedoch könnten steigende Kreditraten Immobilien für viele Menschen unerschwinglich machen, was zu einem steigenden Angebot bei gleichzeitig sinkender Nachfrage führt. Dies könnte gefährlich werden, wenn Häuser aufgrund geplatzter Anschlussfinanzierungen verkauft werden müssen. Banken müssten dann mit Kreditausfällen kämpfen, da aus dem Verkauf hypothekenbelasteter Immobilien nicht mehr genügend Erlöse erzielt werden könnten, um die entstandenen Kosten zu decken.

Eigentümer*innen

Sinkende Nachfrage aufgrund steigender Zinsen kann für Eigentümer*innen problematisch sein, die eine Immobilie als Inflationsschutz gekauft haben. Sinkende Preise könnten dazu führen, dass sie beim Verkauf weniger als den Kaufpreis erzielen.

Was Käufer*innen tun können

Wichtig ist, die Entwicklung weder zu unterschätzen noch zu überschätzen. Ein Blick auf die Zinsentwicklung der letzten zehn Jahre zeigt, dass viele Kreditnehmer*innen Finanzierungen mit Zinssätzen zwischen 3,2 und 4,0 Prozent abgeschlossen haben. Ein moderater Zinsanstieg stellt für diese Personen aktuell kein Problem dar. Die Raten können weiterhin bedient werden. Gefährlich könnte es jedoch bei einem Wirtschaftseinbruch mit stark steigender Arbeitslosigkeit werden. Allerdings lag die Arbeitslosenquote 2011 mit 7,1 Prozent deutlich höher als heute (5,7 Prozent). Der wichtigste Tipp ist, sich die im Vergleich immer noch niedrigen Zinsen möglichst langfristig zu sichern und sich frühzeitig um eine Anschlussfinanzierung zu kümmern. Hier bietet sich beispielsweise ein Forward-Darlehen an. Da dabei jedoch Zinsaufschläge anfallen, sollte das Angebot im Vorfeld gründlich geprüft werden. **Fußnoten:** - Daten zur Inflationsentwicklung: Statistisches Bundesamt, Destatis - Daten zur Arbeitslosenquote: Bundesagentur für Arbeit

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